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/28.09.24

Neue Renuo-Partner unterzeichnen die Onboarding-Dokumente (2024-07-10)

Seit unserer Gründung im Jahr 2011 versuchen wir, unser Unternehmen möglichst integrativ zu führen. Dies bedeutet: Möglichst viel Verantwortung abgeben, bottom-up-Initiativen fördern, Mitdenken einfordern und Prozesse und Informationen transparent machen. Ich finde, dass uns dies nach 13 Jahren Schritt für Schritt sehr gut gelungen ist – bis auf etwas: die Eigentümerschaft. Höchste Zeit also, dieses Eisen anzufassen. 

Eigentlich …

… sind wir gebrannte Kinder! In 2017/2018 durchliefen wir eine Krise, welche u. a. Unstimmigkeiten in der damaligen Eigentümerschaft von fünf Partnern hervorrief. Oder vielleicht erzeugten erwähnte Unstimmigkeiten eine Krise. Fakt ist, dass wir in dieser Zeit von ehemals fünf Partnern auf drei zurückgingen und uns vornahmen, nie mehr neue Partner aufzunehmen. Habe ich schon erwähnt, dass man niemals nie sagen sollte?

Einzelne Onboardings scheiterten

2022, gut fünf Jahre später, fassten wir wieder Vertrauen: Wir wollten zwei langjährige Mitarbeitende als Partner gewinnen. Unsere Motivation dahinter war offensichtlich: Unser Kapital, insbesondere als Agentur, sind unsere Mitarbeitenden. Wenn wir Schlüsselfiguren beteiligen können, stärkt dies die Kundenbeziehungen und das Geschäft. Plus: Es macht Freude, zu Freunden gewonnene Mitarbeitende näher an sich zu binden. Darüber hinaus mach(t)en wir uns Gedanken, wie Angestellte in einem kleineren Unternehmen weiter wachsen können, wenn man schon zuoberst – also Senior – ist. 

Das Vorhaben scheiterte leider und führte sogar zu einer Kündigung. Was ist passiert?!

  1. Die gezielte Anfrage, Partner zu werden, löst vieles aus. Unter anderem das Sinnieren, wohin die persönliche Reise in den nächsten Jahren gehen soll. Und so wurde der latent vorhandene Wunsch, die Branche komplett zu wechseln, bei einer Person plötzlich manifest.

  2. Wir hatten unsere Anfrage mit einer Mindestbeteiligung verknüpft. Dies finanziell zu stemmen, ist nicht ganz einfach und konkurriert mit anderen Interessen, wie beispielsweise Wohneigentum.

  3. Mit der Mindestbeteiligung verknüpft waren Erwartungen hinsichtlich Engagement (z. B. Abend- oder Wochenend-Einsätze).

  4. Eine kleinere Beteiligung erscheint nicht sehr spannend, wenn man nur als einzige Person in der Minderheit ist (gegenüber drei anderen).

Unser Plan musste vorerst begraben werden und andere Ideen mussten her.

Die Idee der Genossenschaft

Ich engagiere mich seit Langem in Vereinen und bin beeindruckt, wie sich Vereine über Jahrzehnte gut erhalten: Alle wirken mit, tragen Verantwortung, sind (mehr oder weniger) gleichermassen am Verein beteiligt und Führungswechsel ergeben sich in der Regel auf natürliche Weise. Warum sich also nicht davon inspirieren lassen und unsere Aktiengesellschaft in eine Genossenschaft umwandeln? Es gibt einige sehr spannende Beispiele in diesem Bereich (ich fand diesen Podcast von “walder partner” sehr inspirierend). Nach einiger Recherchearbeit sowie Interviews mit Personen verwarf ich die Idee, weil ich sie finanziell nicht als realistisch erachtete und persönlich nicht bereit war, (m)eine Mehrheit abzugeben.

Echte Aktien

Das Mitarbeiterprogramm entwickelte sich für uns als die ideale Lösung zwischen Genossenschaft und Mindestbeteiligung: Einerseits ist eine niederschwellige Partizipation möglich und möglichst viele Mitarbeitende können sich beteiligen. Andererseits soll es allen offen stehen (nicht nur auf Einladung). Die Beteiligung basiert auf echten Aktien mit allem Drum und Dran, was dazu gehört. Wir entschieden uns bewusst gegen Optionen, Partizipationsscheine oder Phantom Stock Options (und sonstiges, was die schöne Startup-Welt alles so zaubert), weil wir ehrliche (oder echte) Dinge mögen es für unseren Anwendungsfall am besten passt (wir verfolgen keinen Exit).

Die konkrete Ausgestaltung

In der Praxis definieren wir einen Mindest-Buy-in von CHF 20’000 und die Verkäuferin ist stets die Firma selbst. Im Falle eines Ausstiegs aus der Renuo – sei dies freiwillig oder unfreiwillig – hat sie vor den anderen Aktionären wiederum ein Vorkaufsrecht. Um möglichen anderen Opportunitäten (bspw. Wohneigentum) Raum zu geben – und gewissermassen als Schutzklausel – bauten wir ein zweijähriges Rückkaufsrecht zum selben Preis ein. Mögliche Gewinne oder Verluste gehen in jenem Fall zu Lasten/Handen Renuo AG.

Die Kaufs- und Verkaufspreise werden durch eine Formelbewertung, bestehend aus 1xUmsatz plus 1xKapital, bestimmt. Wir fanden diese Formel angemessen, weil sie eher unter der steuerlichen Einschätzung (KS28) lag: Mitarbeitende bekommen gewissermassen einen guten Preis und wir verschenken hingegen nichts. Ferner war sie ungefähr ein Durchschnitt von verschiedenen Bewertungsmodellen wie Praktikermethode, DCF, Umsatz-Multiple oder EBITDA-Multiple. Pro Jahr gibt es ein Zeitfenster für Transaktionen, und zwar nach der Revision (dann liegen der Umsatz und das Kapital bestätigt vor).

Das Aktionär-Sein bringt keine weiteren Verpflichtungen wie gestiegene Anforderungen an die Erreichbarkeit oder einen Verkaufsdruck mit sich. Dafür ist es in erster Linie auch “nur” eine finanzielle Angelegenheit.

Es lauern rechtliche Fallstricke

Da sich sämtliche Mitarbeitende beteiligen können, steigt das Risiko von ungewollten Auswirkungen auf Steuern und Sozialversicherungen: Zu tiefe Preise würden käuferseitig als Lohnbestandteil eingestuft werden und Sozialabgaben sowie Einkommenssteuern nach sich ziehen. Verkäuferseitig könnte es als Forderungsverzicht und indirekte Sanierungsmassnahme taxiert werden, was wiederum Emissionsabgaben mit Verrechnungssteuerfolgen zur Folge haben könnte. Zu hohe Preise wiederum könnten als verdeckte Gewinnentnahme gelten. Fallstricke – wohin man schaut! – und für uns der Moment, rechtliche Beratung zu holen. 

Zusammen mit einem Steuerrechtsexperten formulierten wir ein sogenanntes Ruling aus, welches wir vom Kanton Zürich abnehmen liessen. Wir formulierten darin sämtliche Prozesse und liessen uns bestätigen, dass dies keine unbeabsichtigten Folgen nach sich zieht. Und dank des föderalistischen Systems der Schweiz machten wir dasselbe noch mit den Kantonen St.Gallen sowie Appenzell Ausserrhoden (sämtlichen beteiligten Kantone).

Wie geht es weiter?

Bislang haben sich vier Mitarbeitende als Partner angeschlossen. Die Erweiterung unserer Eigentümerschaft ist eine konsequente Fortsetzung unserer Mission: Wir vereinen engagierte, motivierte und gut ausgebildete Menschen, um gemeinsam Grosses zu erreichen. Die Integration unterstreicht zugleich unseren langfristigen Anspruch an unsere Beziehungen und somit auch uns selbst: Wir sind gekommen, um zu bleiben. Jetzt sogar noch nachhaltiger. Wir sind gespannt.