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/04.06.19

Wie gestaltet man die Löhne einer Firma? Diese Frage ist für jedes Unternehmen zentral und beschäftigt uns seit der Gründung. Dieser Blogbeitrag schildert unsere Erfahrungen mit dem Thema Lohn und zeigt auf, wie sich unser Lohnmodell entwickelt hat. Der Blogbeitrag konzentriert sich nur auf das zugrunde liegende Modell und nicht auf die effektive Lohnhöhe – dies wäre wiederum ein separater Eintrag wert.

Ein Lohnmodell ist wichtig

Ein für uns zentraler Wert ist «Fairness and Transparency». Aus diesem Grund finden wir, dass Löhne von Leistung und nicht von individuellem Verhandlungsgeschick abhängen sollen. Eine möglichst objektive und faire Lohneinteilung erfordert somit ein nachvollziehbares Regelwerk. Aus diesem Grund haben wir seit 2016 ein eigentliches Lohnmodell, welches wir intern (inkl. Lohnangaben) offenlegen.

Version 1.0: Einheitslohn (2011 - 2016)

Als wir 2011 unsere Firma starteten, war klar, dass wir alle gleich viel verdienen: Wir waren im selben Alter, hatten denselben Ausbildungsstand und aufgrund der noch sehr kleinen Unternehmensgrösse war die Verantwortung etwa gleich verteilt. Dieses Modell bildete unsere Realität gut ab und funktionierte deshalb sehr gut. Drei Jahre später durften wir zwei weitere Entwickler einstellen. Wir behielten das Modell soweit bei, haben die neuen Verträge (für normale Angestellte, also Nicht-Partner) jedoch leicht tiefer (-10%) angesetzt. Dies blieb vorerst das Modell für die nächsten Jahre (2014-2016).

Für die wenigen Leute, welche wir dazumal waren, war der Einheitslohn ein sehr passendes und faires Instrument. Zudem – und darauf möchte ich ebenfalls hinweisen – ist ein Einheitslohn in zwei Hinsichten sehr effizient: Einerseits kann man sich einer ehrlichen (und heiklen!) Diskussion über das eingesetzte Lohnmodell entziehen. Andererseits kann man sämtliche Lohnverhandlungen mit dem Hinweis abtun, dass alle gleich verdienen. Das war zwar nie die Motivation dahinter, der Effekt war aber dennoch da. Wer möchte in einer Firma als einziger mehr verdienen, als alle anderen?

Mit zunehmender Firmengrösse sowie damit einhergehender Diversität hinsichtlich Ausbildung, Erfahrung und Verantwortung merkten wir, dass dieses Modell nicht ewig Bestand haben kann. Interessanterweise fiel dies in eine Zeit, in welcher Unternehmen, welche einen «innovativen» Einheitslohn einführten, grossflächig durch die Medien portraitiert wurden (siehe z. B. hier). Der Grund für das Unbehagen liegt auf der Hand: Man will einem Universitäts-Abgänger ohne Arbeitserfahrung schlicht nicht den gleichen Lohn zahlen wie einer Person mit sechs Jahren Arbeitserfahrung. Ein neues Lohnmodell musste her.

Version 2.0: In 7 Schritten vom Lernen zum Lehren

Zum Zeitpunkt der Ausarbeitung des Lohnmodells 2.0 waren wir 23 Personen mit unterschiedlichen Hintergründen, Erfahrungen und Ausbildungen. Wir wollten ein Modell schaffen, welches sämtliche Konstellationen fair und nachvollziehbar (Erinnerung: Lohntransparenz) abbildet. Das Resultat war eine Matrix, welche eine Person in verschiedenen Bereichen einstuft. Wir haben uns hier an unseren Recruitment-Kriterien Drive, Responsibility, Social, Smart, Getting Things Done sowie Curiosity orientiert. Die Einschätzung wurde jährlich und pro Mitarbeitenden durch die Geschäftsleitung vorgenommen und orientierte sich entlang der Achse «Kennen-Verstehen-Lehren-Mitbegründen». Eine Person wurde in jedem Bereich auf ein Level (1-7) gesetzt und der Durchschnitt der einzelnen Bereiche ergab das Level und damit die Lohnstufe.

Der Vorteil des Modells lag darin, dass erwünschte Verhaltensmuster und Ausbildungsstände kommuniziert werden konnten. Darüber war zum ersten mal so etwas wie ein Karrierepfad ersichtlich. Zu den Nachteilen: Obwohl wir keiner Person den Lohn kürzten, gab es offensichtliche Entmutigungen, wenn die Lohneinstufung unterhalb dem bislang bezahlten lag. Ebenfalls zeigte sich, dass die durch die Geschäftsleitung vorgenommenen Einstufungen in ein Level gewissermassen subjektiv waren und somit dem Kriterium der Objektivität nicht ganz genügten. Darüber hinaus wurden innerhalb der Bereiche falsche Anreize gesetzt (das Besuchen von vielen Tech-Konferenzen führte bspw. zu einem höheren Lohn). Es existierte somit das Bedürfnis, das eher komplizierte Modell zu vereinfachen.

Version 2.1: Novice, Journeymen und Senior

Die adaptierte Version des Lohnmodells haben wir anfangs 2019 eingeführt. Sie sieht eine Einteilung in Journeymen, Junior und Senior vor (Praktikanten handhaben wir separat). Die Einteilung passiert auf objektiven Kriterien:

  • Novice: Abgeschlossene Lehre

  • Journeyman: Abgeschlossenes Studium

  • Senior: Abgeschlossenes Studium und 5+ Jahre Arbeitserfahrung; Zustimmung sämtlicher Seniors notwendig (Gildengedanke)

Darüber hinaus gibt es drei zusätzliche Komponenten, welche den Lohn beeinflussen:

  • Loyalty-Bonus (bis max. 10’000 Arbeitsstunden): Wir gehen davon aus, dass eine Person mit jedem Arbeitsjahr bei uns besser wird. Nach 5-6 Jahren nimmt dies wohl ab.

  • Master-Bonus: Wir möchten ein abgeschlossenes Master-Studium speziell vergüten. Immerhin profitieren wir (und unsere Kunden) von der spezialisierten Ausbildung.

  • Management-Bonus: Schlussendlich hat eine einzige Person die Gesamtverantwortung – dies möchten wir finanziell anerkennen.

Im Vergleich zum vorherigen Modell haben wir die Kriterien aus dem Recruitment bewusst weggelassen, weil sie eigentliche Hygienefaktoren darstellen: Ist etwas nicht genügend gegeben, müsste dies eine Entlassung zur Folge haben.

Ein Lohnmodell wächst mit der Firma

Ein Lohnmodell lässt sich nicht kopieren und muss spezifisch auf die Gegebenheiten der Unternehmung passen. Unsere Unternehmensgrösse ist derzeit relativ überschaubar und wir machen deshalb gute Erfahrungen mit einem simplen und leicht verständlichen Lohnmodell. Hätten wir 50+ Mitarbeitende, müsste dieses angepasst und verfeinert werden. Ein Lohnmodell muss somit stets mit dem Wachstum einer Firma Schritt halten und kann nicht 1:1 kopiert werden. Was unabhängig von einer Firma gilt: Ein klares Lohnmodell schafft Transparenz, Vertrauen und nachvollziehbare Prozesse. Eigentlich etwas, das sich alle Firmen wünschen?